In meinem ersten Artikel habe ich angekündigt, dass ich weiter über meine Transformation berichten werde. Heute erzähle ich von meinem Wandel vom Käufer zum Selbermacher.
Ein wichtiger Meilenstein in meiner Transition war die Entdeckung, dass ich – wie alle Menschen -Kräfte habe, mit denen ich mein Leben gestalte. Eine meiner Kräfte, die ich wiederentdeckt habe, ist die Kraft, die gerne im Haushalt alles selber macht.
Als junger Mensch, hatte ich kein Geld. Ich habe alles selbst gemacht. Ich habe mein Tonband selbst repariert, mein Auto und vieles mehr. Einmal habe ich im Winter den Motor meines Motorrades komplett auseinander genommen und gewartet, zusammen mit einem Freund, der das jedes Jahr machte. Ich hatte das nie zuvor gemacht. Ich hatte keine Frage darüber, ob ich das kann. Manchmal hatte ich einen Freund als Lehrer. Vieles aber habe ich mir einfach selbst beigebracht. Mit 16 Jahren habe ich begonnen, mir eine elektronische Orgel zu bauen, weil der Bausatz nur halb so teuer war, wie meine fertige Wunschorgel. (Das Bild zeigt mein damaliges Zimmer.) Ich habe zwei Jahre gebraucht. Am Ende habe ich viel gelernt und die Orgel hat funktioniert.
Damals waren der Spaß, die intensiven Gefühle beim Selbermachen und die tiefe Freude, wenn etwas repariert oder fertig war, selbstverständlich für mich. Ich wusste nichts über Kräfte.
In meiner Blütezeit als Konsument, habe ich nichts mehr selbst gemacht. Zum einen war ich nun der Meinung, dass ich vieles nicht kann und es auch zu aufwendig ist, es zu lernen. Ich wollte nach der Arbeit und am Wochenende vor allem eins: Ruhe. Deswegen haben wir aus Bequemlichkeit alle Lebensmittel in einem Geschäft gekauft, egal, ob es woanders preiswerter war. Ich fand es toll, dass wir eine Putzfrau hatten. Ich habe meinen manchmal aufkommenden Zweifel immer beruhigt, indem ich mir sagte, dass es doch keinen Sinn macht, etwas selbst zu machen, wenn ich in der Zeit das Vielfache dessen verdienen kann, was mich die Dienstleitung kostet.
Den Zusammenhang zwischen dem Konsum und meiner Kraftlosigkeit habe ich nicht erkannt. Im Gegenteil, ich habe mir eingebildet, dass ich als Führungskraft sehr gute Arbeit leiste und deswegen alles anstrengender ist für mich, als für die Kollegen, die einfach nach Hause gehen konnten, wenn Feierabend war. Ich fand es deswegen angemessen, mir “etwas” zu leisten. Die Urlaube wurden teurer. Und auch im Urlaub wollte ich mich vor allem entspannen.
Parallel zu dieser Entwicklung entstand ein Selbstbild von mir, dass ich allmählich alt werde. Mit 50 Jahren hatte ich sechs diagnostizierte Bandscheibenvorfälle, Nacken- und Schulterschmerzen. Ich dachte, ich würde niemals mehr einen Umzug machen, schwer heben, Skilaufen oder Surfen. Meinen Sport habe ich ganz stolz alle 10 Jahre an mein Alter angepasst. Zuletzt war es Golf. Dies war ich als konditionierter Mensch.
Dann haben meine Kollegen und ich entdeckt, dass alle Menschen Kräfte haben, mit denen wir unser Leben bewusst oder unbewusst gestalten. Als wir bei Evolwe entdeckt haben, dass jeder Mensch Kräfte hat und ich mir meiner Kräfte wieder bewusst wurde, habe ich auch die Kraft wiederentdeckt, die gerne im häuslichen Umfeld handwerklich tätig ist. Zunächst habe ich mit Reparaturarbeiten begonnen und den Spaß am Tun wiederentdeckt. Die Hauptmotivation für diese Kraft liegt darin, den Weg zu beschreiten. Das Ergebnis der Arbeit fällt quasi als Geschenk nebenbei ab.
Zurzeit baue ich mir ein eigenes Bett. Gestern bin ich nach der Arbeit losgefahren und habe mir die Materialen geholt, damit ich kommendes Wochenende das Bett zusammenbauen kann. Meine neu entdeckte Kraft wollte aber nicht so lange warten und so habe ich abends noch spontan angefangen, dass Holz zu ölen.
Und wie ist das mit dem Alter?
Heute arbeite ich nach meiner täglichen “Kopfarbeit” bei Evolwe an 4 Tagen anschließend noch 3-4 Stunden als Warenverräumer. Ich wuchte schwere Kartonagen in die Regale. Nichts tut weh und es macht Spaß, meinen Körper zu spüren und den Muskelkater. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich Sport studiert habe. Ich fühle mich überhaupt nicht mehr alt. Und am Wochenende bin ich nach dieser Arbeit nicht müde, sondern freue mich auf das, was ich selber machen kann.
Selbermachen hat mich auch dazu gebracht, viel nachhaltiger zu sein. Ich repariere und schmeiße nicht weg. Ich verkaufe oder verschenke, was ich nicht mehr benötige. Ich besorge mir gebrauchte Materialen aus denen ich meine eigenen Dinge herstelle. Demnächst will ich anfangen, mir einige Lebensmittel selbst herzustellen. Ich werde davon berichten.
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